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Der Name
Nach langer Zeit kehrt ein Mädchen erstmals wieder zurück in den Kreis der Familie – es ist hochschwanger und wird vom Vater des zukünftigen Kindes begleitet. Obwohl sich die Familie lange nicht gesehen hat, geschieht: nichts. Literaturnobelpreisträger und Magier der Stille Jon Fosse zeichnet ein Familientreffen als Tollhaus der Ereignislosigkeit. Und schafft aus Stille Musik, einen Rhythmus des Schweigens und der knappen Sätze. Aus wilder poetischer Einfachheit entsteht ein nahezu unendlicher Raum für Gedanken, für Staunen und Zweifeln, den Kay Voges auf die Bühne bringt.
„Darfst mich umarmen. Wird sicher schön wirst sehen.“
Nach langer Zeit kommt ein Mädchen erstmals wieder zurück nach Hause in den Kreis der Familie – hochschwanger wird es vom Vater des zukünftigen Kindes begleitet. Die Familie hat sich schon lange nicht mehr gesehen, und seit dem letzten Besuch hat sich kaum etwas verändert. Die Mutter ist krank, der Vater steckt dem Mädchen Geld zu, die Schwester sucht permanent jemanden, mit dem sie Karten spielen kann – dabei fragt niemand aus der Familie nach dem Namen des Freundes, der sich in die Ecke setzt und Bücher liest. Es passiert: Nichts.
Fast nichts. Scheinbar nichts. Denn da ist die Stille. Und Jon Fosse ist ihr größter Magier. So zeichnet er mit diesem Familientreffen ein Tollhaus der Ereignislosigkeit und fordert uns dazu auf, eigene Visionen zuzulassen. Es ist vielmehr ein Rhythmus des Schweigens und der knappen Sätze. Wilde poetische Einfachheit schafft einen nahezu unendlichen Raum für Gedanken, für Staunen und Zweifeln. Denn es ist eine heikle Welt, die sich zeigt, und Fosse gibt einem Zeit, sie ganz ohne Druck zu betrachten. Und schließlich können wir feststellen, dass es unsere Welt ist. Die unserer täglichen Erfahrungen, die uns aufs Äußerste präzise vor Augen geführt werden: Ausnahmslos jede*r von uns steckt in einer Krise und sucht nach Bedeutung – danach, was es überhaupt heißt, am Leben zu sein.
Indirekt bringt Jon Fosse dadurch noch ein anderes Thema zur Sprache: Kommunikation. Die war noch nie leichter als heute, über nahezu jegliche Entfernung, mit eigentlich jedem anderen Menschen auf der Welt. Doch wie gestaltet sich unter den medialen Bedingungen unserer Gegenwart der Austausch mit der Person direkt vor uns? Alle sprechen miteinander – aber verstehen sie sich auch? Der Kosmos wird immer kleiner, aber ist jede*r darin eigentlich für sich und allein? Am Ende stellt sich in der Konsequenz natürlich die Frage, was der Tod sein könnte. In der Verzweiflung Hoffnung finden – das wäre vielleicht eine Möglichkeit, um auf einen nächsten Tag zu blicken.
Jon Fosse schenkt uns eben diese Hoffnung auf das, was als Nächstes passieren wird, und eröffnet damit einen Ausweg aus Düsternis und großer Traurigkeit. Er gibt „dem Unsagbaren eine Stimme“, wie es auch in der Begründung zum Literaturnobelpreis heißt, den er 2023 erhielt.
Änderungen vorbehalten.
„Darfst mich umarmen. Wird sicher schön wirst sehen.“
Nach langer Zeit kommt ein Mädchen erstmals wieder zurück nach Hause in den Kreis der Familie – hochschwanger wird es vom Vater des zukünftigen Kindes begleitet. Die Familie hat sich schon lange nicht mehr gesehen, und seit dem letzten Besuch hat sich kaum etwas verändert. Die Mutter ist krank, der Vater steckt dem Mädchen Geld zu, die Schwester sucht permanent jemanden, mit dem sie Karten spielen kann – dabei fragt niemand aus der Familie nach dem Namen des Freundes, der sich in die Ecke setzt und Bücher liest. Es passiert: Nichts.
Fast nichts. Scheinbar nichts. Denn da ist die Stille. Und Jon Fosse ist ihr größter Magier. So zeichnet er mit diesem Familientreffen ein Tollhaus der Ereignislosigkeit und fordert uns dazu auf, eigene Visionen zuzulassen. Es ist vielmehr ein Rhythmus des Schweigens und der knappen Sätze. Wilde poetische Einfachheit schafft einen nahezu unendlichen Raum für Gedanken, für Staunen und Zweifeln. Denn es ist eine heikle Welt, die sich zeigt, und Fosse gibt einem Zeit, sie ganz ohne Druck zu betrachten. Und schließlich können wir feststellen, dass es unsere Welt ist. Die unserer täglichen Erfahrungen, die uns aufs Äußerste präzise vor Augen geführt werden: Ausnahmslos jede*r von uns steckt in einer Krise und sucht nach Bedeutung – danach, was es überhaupt heißt, am Leben zu sein.
Indirekt bringt Jon Fosse dadurch noch ein anderes Thema zur Sprache: Kommunikation. Die war noch nie leichter als heute, über nahezu jegliche Entfernung, mit eigentlich jedem anderen Menschen auf der Welt. Doch wie gestaltet sich unter den medialen Bedingungen unserer Gegenwart der Austausch mit der Person direkt vor uns? Alle sprechen miteinander – aber verstehen sie sich auch? Der Kosmos wird immer kleiner, aber ist jede*r darin eigentlich für sich und allein? Am Ende stellt sich in der Konsequenz natürlich die Frage, was der Tod sein könnte. In der Verzweiflung Hoffnung finden – das wäre vielleicht eine Möglichkeit, um auf einen nächsten Tag zu blicken.
Jon Fosse schenkt uns eben diese Hoffnung auf das, was als Nächstes passieren wird, und eröffnet damit einen Ausweg aus Düsternis und großer Traurigkeit. Er gibt „dem Unsagbaren eine Stimme“, wie es auch in der Begründung zum Literaturnobelpreis heißt, den er 2023 erhielt.
Änderungen vorbehalten.